Generationswechsel – das Ende der Onlinewerbung wie wir sie kennen?

onlinewerbung Offensichtliche Onlinewerbung begegnet uns überall. Anbieter wie Google mit ihrem Dienst Adwords oder Bing und Plista teilen sich gemeinschaftlich den Markt für die Schaltung von Online-Anzeigen. Man könnte meinen Onlinewerbung und Adserver boomen. Doch wie lange noch. Was wäre, wenn morgen keiner mehr klickt?

 

Das was jetzt folgt soll keine Schwarzmalerei für die Branche der Onlinewerbung sein. Auch will ich nicht das Ende derselbigen herbeirufen, denn schließlich finanziert sich auch diese Seite einen Teil über die Werbeeinnahmen durch Google Adsense. Vielmehr möchte ich ein Szenario darüber zeichnen, was passieren könnte, wenn der Nutzer die Fähigkeit verbessert intuitiv zwischen Content und Werbung zu unterscheiden und letztere nicht mehr wahrnimmt.

Offensichtliche Werbung – wir finden Sie in der Zeitung, im Fernsehen in Werbeblöcken und eben auch im Internet. So wie auf dieser Website. Ein Banner am linken Seitenrand unterhalb der Menüs, ein Rechteck mit Einblendungen unterhalb des Beitrags. Diese Art der „offensichtlichen Werbung“ ist die wohl ehrlichste Form zu werben. Produkte oder Dienstleistungen werden angepriesen, bei Bedarf kann ich mich tiefergehend informieren.

Weitaus unehrlicher, weil nicht offensichtlich, finde ich Werbung die auftritt wie Content. Sei es nun in der Zeitung oder im Netz. Inhalte mit Werbecharakter verpackt in Nachrichtenform, die typische Schleichwerbung. Ähnlich verhält es sich mit bezahlten oder gesponsorten Interviews oder Testimonials (in Fachkreisen auch Maulprostitution).

Viele Webseiten und Blogs finanzieren sich zu einem großen Teil über eben die Einbindung offensichtlicher Werbung auf Ihren Webseiten. Dabei erhält der Betreiber der Website einen Betrag für jeden Klick auf eine Werbeanzeige. Bezahlen tut dies der Auftraggeber, sprich der Werbende. Ein Klick kostet ihn einen bestimmten Betrag der dann zum einen Teil an den Seitenbetreiber zum anderen Teil an den Werbenetzwerkbetreiber geht.

Blogs und Webseiten versuchen daher seit einiger Zeit Ihre Besucher darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig Werbung für die Betreiber der Seiten ist und viele Plattformen bitten Ihre Besucher aktiv sich den Tools wie Adblockern zu entledigen. Tools wie Adblocker räumen unser Interneterlebnis auf – keine Frage. Eine ursprünglich zur Hälfte aus Werbung bestehende Seite wird um die Werbung bereinigt und unser Browser stellt uns nurnoch den reinen Content dar. Das ist selbstverständlich praktisch: Seitenladezeiten werden verringert, das Browsen ist nicht so anstrengend, der Nutzer wird nicht abgelenkt und unter Umständen vermeiden wir Sicherheitslücken innerhalb der Werbung.

Der Ruf von Online-Werbung ist immens angekratzt. Zu hoch waren die Zahlen von Webseiten, die mehr aus nervender Werbung, Pop-Ups, Soundwerbung im Hintergrund, Flash-Werbung und Overlays bestanden, als aus tatsächlichem Inhalt. Die ultimative Werbevergewaltigung lauert auch heute noch auf vielen Seiten. Aus diesem Grund kann ich es vollkommen nachvollziehen, wenn der ein oder andere auf seinen Adblocker nicht mehr verzichten möchte. Wer diesen aber undifferenziert einsetzt, also sich fortan sämtlicher Werbung entledigt, ohne vielleicht zu wissen wieviel Werbung eine neu besuchte Seite überhaupt einsetzt, der nimmt diesen Betreibern die Grundlage für ihre Existenz.

Wer zudem denkt, dass Dienste wie Adblock-Plus als barmherzige Samariter auftreten,der ist schief gewickelt. Nach einem Bericht des Blogs mobilegeeks informiert Sascha Pallenberg über die Machenschaften der „Adblock-Mafia“. Demnach wird zunächst sämtliche Werbung für den Nutzer entfernt – nur nicht die, für die die Herausgeber dieses Tools Geld bekommen. Solche Werbung wird dann als „Acceptable Adds“ markiert und findet weiterhin seinen Weg zum Nutzer. Die Betreiber der Ad-Blocker sind quasi nicht anders als jedes andere Werbesystem – nur nicht agressiv offensichtlich.

Golem.de startete Anfang des Jahres einen Aufruf an seine Besucher, die Adblocker auszuschalten. Dem Aufruf kamen tatsächlich viele Besucher nach, die dann, wie in den Kommentaren zu verfolgen, ersteinmal merkten wie wenig und nicht-irritierende Werbung golem.de doch schaltete. Viele sprachen von einem durchaus akzeptablen Opfer für gute Berichterstattung. Eine interessante Erkenntnis im Zusammenhang der Online-Werbung, plötzlich merken viele wieder: Ganz ohne Werbung kann es ja auch garnicht gehen, denn niemand verbrennt Geld in Form einer Website zum Spaß.

Eine ähnliche Bedrohung für werbefinanzierte Seiten stellt aber eine ganz andere Art von Adblocker dar: Unser Hirn.
Wir wachsen in einer Welt auf, die uns täglich, stündlich und minütlich mit Informationen überschüttet. Ich lehne mich einmal soweit aus dem Fenster, als das ich sage, dass wohl keine Generation wie die, die mit oder im Internetzeitalter aufgewachsen ist, so differenziert gelernt hat, die auf sie wirkenden Einflüsse auszufiltern.

 Ich habe mit vielen Leuten verschiedener Altersgruppen darüber gesprochen wie diese Personen Onlinewerbung wahrnehmen. Dabei ist mir, obwohl diese „Umfrage“ sicherlich kein Stück repräsentativ ist, eines klar geworden:
Im Markt der Onlinewerbung wird sich in den nächsten 10 Jahren viel verändern. Die nachfolgenden Generationen nehmen offensichtliche Onlinewerbung teilweise schwach bis garnicht mehr wahr. Ein Schema welches ich selber bei mir erkenne. Obwohl ich keine Adblocker nutze sehe ich keine Werbung mehr, ich befürchte auch nicht unterbewusst. Einen Großteil meiner Zeit verbringe ich auch von berufswegen im Netz, dabei konzentriere ich mich auf das was ich suche und was ich sehen will. Ich kann mich nicht erinnern welche Firma zuletzt irgendwo geworben hat. Egal wie „catchy“ die Anzeige war – ich sehe sie nur wenn ich bewusst darauf achte. Welche Online-Werbung hast Du zuletzt gesehen? Wie hieß das Produkt (Einblendungen auf dieser Seite zählen nicht)?

Statistiken aus dem Bereich der Onlinewerbung belegen dies: Klickzahlen der 16- bis 25-jährigen sind ein seltenes Gut. bei den 40- bis 65-jährigen sieht dieselbe Statistik wesentlich ertragreicher aus. Sicherlich ist dies auch immer abhängig vom angebotenen Inhalt und der zur Einbettung genutzten Seite. Auch die Channel-Individualisierung spielt eine große Rolle, klar, doch global gesehen sind die älteren klickfreudiger.

Fernsehwerbung hat zwar einen ähnlichen Charakter, funktioniert im Gegensatz zur Onlinewerbung aber ganz anders. Im Fernsehen bleibt dem Zuschauer nichts anderes übrig außer auf die Fortsetzung der eigentlichen Inhalte zu warten. Ein Umstand den sich auch Videoportale wie Youtube zu Nutze machen, indem Sie Werbung vor die Videos schalten. Diese Art der Werbung kann ich nicht umgehen. Im Internet auf Blogs und Seiten kann ich aber jederzeit während Werbung angezeigt wird mich auf einen anderen Inhalt konzentrieren. Ich habe also Alternativen und bin ungezwungen. 

Die Antwort auf die unterbewusste Ausfilterung liegt auf der Hand: Offensichtliche Werbung wird weniger werden. Das Ziel der Werbenden wird es sein, Inhalt und Werbung so stark miteinander zu verknüpfen, dass wir den Unterschied nur noch schwer erkennen können.

Die Hoffnungen des Marktes liegen momentan auf viraler und sozialer Werbung: „Anna A. gefällt Niveau Handcreme. Klicke Du jetzt auch auf gefällt mir“. Viele meinen soziale Werbung hat mehr Anziehungskraft weil das Produkt uns näher kommt wenn schon eine Vertrauensperson mit ihm interagiert. Das mag sein. Doch die Frage ist, wie lange es dauert bis wir auch lernen diese unbewusst auszublenden. Vor dem demographischen Hintergrund wird dann noch zehn Jahre lang mit offensichtlicher Werbung Geld verdienen zu sein. Dann erfordern unsere Gesellschaft, unsere Medienkompetenz und unsere Altersgruppen neue Konzepte. Ehrlicher wird dadurch nichts. Ich für meinen Teil denke, dass die Banner-Werbe-Industrie mit Ihren großen Vertretern und kleinen Startups in den nächsten Jahren eine heftige, zu platzen drohende, Blase zu erwarten hat.

Habt Ihr ähnliche Befürchtungen oder Erfahrungen mit Online-Werbung gemacht? Nehmt Ihr Online-Werbung wahr und wie denkt Ihr wird sich der Markt verändern? Äußert Euch in den Kommentaren: